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      ZZDE4410             de.rec.fahrrad             5072 messages      

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  Msg # 5065 of 5072 on ZZDE4410, Thursday 11-05-25, 6:18  
  From: WOLFGANG STROBL  
  To: ALL  
  Subj: Re: =?utf-8?Q?Radverkehr:_"Auf_der_?= =?  
 8?Q?Stra=C3=9Fe_fahren_ 
 From: news51@mystrobl.de 
  
 Am Wed, 05 Nov 2025 06:15:09 GMT schrieb 
 anton@mips.complang.tuwien.ac.at (Anton Ertl): 
  
 >Wolfgang Strobl  writes: 
 >>Gilt 
 >>auch für Transport. Kein Mensch möchte für sein 
 >>Frühstücksbrötchen 50 km weit fahren, statt es beim Bäcker um die 
 >>Ecke zu kaufen, weil 50 km im Auto besser sind als die 200 Meter 
 >>zu Fuß oder 800 Meter mit dem Rad. 
 > 
 >Und das Beispiel ist nicht so weit weg von der Realitaet: Leider hat 
 >der 150m entfernte Supermarkt seine Brottheke im Juli durch eine 
 >Selbstbedienungsabteilung ersetzt, seither hole ich mein Brot von 
 >einem 1km entfernten Baecker (jetzt mit dem Rad statt zu Fuss), und 
 >wenn ich schon dabei bin, meine anderen Supermarktsachen auch von 
 >einem Diskonter auf dem Weg, und die Zeitungen in einer Trafik.  Damit 
 >habe ich meine Transportleistung fuer diese Zwecke, in km gemessen, 
 >versiebenfacht, und in Wegen gemessen, verdoppelt (statt zwei Wege 
 >jetzt 4: -> Diskonter -> Baecker -> Trafik -> nach Hause), aber es ist 
 >nur mehr Aufwand, nicht mehr Nutzen (im Vergleich zum vorherigen 
 >Zustand). 
  
 Ich backe unser Weißbrot (lange Teigführung, daher 
 geschmackvoller) selber, insofern haben wir fast immer frisches 
 Brot im Haus. So genannte Bäcker haben wir reichlich in 
 fußläufiger Entfernung, jedoch sind die alle bis auf einen 
 bessere Verkaufsstellen, die bestenfalls ein paar Hörnchen 
 aufbacken können. 
  
 Der eine richtige selbstständige Bäcker hat zu viel Zulauf und 
 trägt die Nase zu hoch, als dass ich da gerne warten möchte - so 
 gut ist das Brot dann doch nicht. 
  
 Verrückterweise hat ein nahegelegener großer Supermarkt nun seit 
 einem Ladenumbau ein großes Selbstbedienungsregal für Backwaren, 
 das offenbar von einer Großbäckerei befüllt wird, obwohl gleich 
 gegenüber ein Bäcker (eine Verkaufsstelle einer Bäckereikette) 
 schon lange seine Waren anbietet. Wahrscheinlich, weil man die 
 vorherige Backwarentheke (mit Personal!)im Eingangsbereich 
 dichtgemacht und für die Zeit nach dem Umbau Selbstbedienung als 
 Ersatz eingeplant hatte - und bei großen Ketten bzw. deren 
 Management die örtliche Lage udn der Bedarf bei der Planung eine 
 untergeordnete Rolle spielt, wenn überhaupt. Der autofahrende 
 Kunde interessiert sich nicht dafür, ob gegenüber schon ein 
 Bäcker ist. 
  
 Dafür sind sowohl die Käsetheke als auch die Fleischtheke 
 eliminiert worden - jetzt gibt es auch da nur noch in kräftigem 
 Plastik evakuiert eingeschweisste oder in Plastikschachteln 
 verpackte Fleischstücke, Gehacktes oder Wurst.  N 
  
 Noch verrückter, ein anderer, kleinerer Supermarkt ganz in der 
 Nähe hat das prompt nachgemacht und ebenfalls seine 
 ausgezeichnete Fleisch- und Wursttheke aufgegeben.  Also bleibt 
 nur noch ein Fußmarsch zu einer reichlichen Kilometer entfernten 
 Einkaufsstraße. Oder in den Stadtkern, das ist dann noch deutlich 
 weiter. 
  
 Ich fragte mich immer, ob das ein lokales Phänomen sei, habe aber 
 mehr und mehr den Eindruck, dass es einen generellen Umbruch 
 darstellt.  Kleingewerbe dieser Art lohnen sich kaum noch, 
 kleinen Krauter werden zu Verkaufsstellen, die Schuster machen 
 dicht, weil kaum noch jemand seine Schuhe neu besohlen lässt, die 
 Schuhläden machen dicht, weil man Schuhe längst im Versandhandel 
 kauft, die Supermärkte werden zu Aldiimitaten, in denen 
 Hilfkräfte die Regale einräumen, einzig die Wäschereien gehen 
 gut, weil: Selbstbedienung und sonst nichts. 
  
 > 
 >>Ach, ist die Zeit heruntergekommen ... Ich meine, besonders 
 >>kritisch war sie ja nie, aber das? 
 > 
 >Bei Verkehrsthemen fallen auch Medien, die sonst als Qualitaetsmedien 
 >angesehen werden, oft mit sehr einseitigen Darstellungen gegen alles, 
 >was nicht Auto ist, auf.  So liess die Journalredaktion von Oe1 einmal 
 >einen "Experten" zu Wort kommen, der allen Ernstes behauptet hat, ein 
 >E-Stehroller mit 25km/h waere fuer einen Fussgaenger so gefaehrlich 
 >wie ein Auto bei 80km/h.  Die Anmoderationen zu Verkehrsbeitraegen in 
 >diesen Journalen strotzen auch gerne vor Missgunst gegen alles, was 
 >nicht Auto ist. 
  
 Na ja, die sich als Gegenseite verstehende Presse hat auch ihre 
 gepflegten Macken. Ich bin kein taz-Leser, jedoch bekommt man in 
 den diversen Foren und sozialen Netzen genügend Artikel um die 
 Ohren gehauen, in denen es um Radwege geht, heutzutage 
 beschönigend "Fahrradinfrastruktur" genannt.  Ich erinnere mich 
 an keinen einzigen Artikel, in dem Behauptungen kritisch 
 hinterfragt wurden, die da lauten: Radfahren auf Fahrbahnen sei 
 lebensgefährlich, "Fahrradinfrastruktur" wie in Holland oder 
 Dänemark sei die einzige Abhilfe, die aber sei überall 
 realisierbar und nach der Umstellung auf diese würde ein Großteil 
 der Bevölkerung von Autos auf Fahrräder umsteigen.  Deswegen sei 
 es egal, dass man als Fahrradfreak andere Vorstellungen (und 
 Erfahrungen) habe. Freilich wird das selten so krass und plump 
 formuliert, meist sind es suggestivee Formulierungen, die 
 letzlich genau diese Botschaft verbreiten. 
  
 Klar, auch die taz will Leser gewinnen, statt sie zu verprellen. 
 Aber was hab' ich von einer Zeitung, die denselben Unfug 
 verbreitet, den man aus allen Richtungen serviert bekommt, aus 
 eben diesem Grunde?  Das liefert weder neue Erkenntnisse, noch 
 löst es den Anspruch ein, kritische Gegenöffentlichkeit auf einem 
 seriösen journalistischen Niveau zu sein. Es ist einfach nur 
 peinlich. 
  
 PS: Um nicht unfair gegenüber der taz zu sein: Die Tage ist mir 
 ein schon etwas verregnetes Exemplar der Zeitschrift "fairkehr" 
 aka "VCD-Magazin" in die Hände gefallen, ich fischte es bei einem 
 Einkaufsspaziergang aus dem Kasten eines kleinen 
 Fahrradgeschäftes, das i.W. auch nur noch E-Bikes präsentiert. 
 Vorne auf der Titelseite ist groß eine Zeichnung von Bonn 
 abgebildet, die offenbar die Planungsvorstellung eines 
 Planungsbüros bzw. die des VCD illustrieren soll.   Diese 
 Illustration sieht aus, als habe man eine Bilder generierende AT 
 aufgefordert, Bonn aus einer Weitwinkelperspektive aus Turmhöhe 
 auf Basis realer Fotoansichten zu zeigen, mit den neuen 
 Vorstellung im Vordergrund hineinmontiert.  Beschränkt man sich 
 auf den Hintergrund bzw. breiten Rand oben und rechts, sieht es 
 realistisch aus, betrachtet man das linke untere Viertel, wirkt 
 es eher wie die Zeichnung eines begabten Kindes, das gut zeichnen 
 kann, von Fahrzeugen und Straßenlayout nur vage Vorstellungen 
 hat. 
  
 Dabei ist die merkwürdigste  Stelle, die Fortsetzung dieser - ja 
 was eigentlich, eine Kreuzung? - Zusammmenführung oder 
 Überschneidung zweier aus vielen einzelnen und sich nie sichtbar 
 überschneidenden separaten Spuren bestehenden Verkehrswege nur 
 auf dem Titelbild auf Papier abgebildet, in der Webdarstellung 
 aber abgeschnitten. 
  
  
  
  
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