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      ZZDE4410             de.rec.fahrrad             5098 messages      

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  Msg # 4755 of 5098 on ZZDE4410, Saturday 8-15-25, 1:54  
  From: ALEXANDER AUSSERSTORFER  
  To: ALL  
  Subj: Fahrbericht (vom 08. Juni 2024): Das Tre  
 From: bavariasound@chiemgau-net.de 
  
 Das Treffen 
 Samstag, den 08. Juni 2024 
  
 Der Campingplatz wurde am Abend k€nstlich beleuchtet. Daher bekam ich 
 nicht mit, wann eigentlich die Sonne untergegangen war. Gegen Mitternacht 
 erlosch das Licht dann pl€tzlich. 
  
 Nachts regnete es einmal. Es h€rte dann jedoch wieder auf. 
  
 Am Morgen hing starke Bew€lkung €ber dem Tal. Es war alles still. Beim 
 Zusammenlegen des Zeltes fiel mir auf, da€ die Unterseite des Bodens kaum 
 feucht geworden war. Das lag wahrscheinlich am Kies, auf welchem das Zelt 
 gestanden hatte. Er schien eine Unterl€ftung des Bodens zu unterst€tzen. 
  
 Und ohne Probleme darauf kochen konnte man ja auch. Man mu€te nicht Angst 
 haben, da€ irgend etwas Feuer fing und zu brennen anfing. So schlecht zum 
 Zelten war der Boden dann also doch nicht. 
  
 An diesem Tag brach ich bereits gegen viertel nach sechs auf. Das lag 
 vermutlich auch daran, da€ ich nur wenige Meter bis zu den Toiletten hatte 
 und daher die Wege extrem kurz waren. Ich hatte mir den Platz gestern 
 selbst aussuchen d€rfen. 
  
 Die Karte, welche ich gestern bekommen hatte, steckte ich bei der Abreise 
 in den Automaten. Daraufhin ging die Schranke auf. Sie blieb dann 
 nat€rlich offen. Es war aber noch niemand da, der mir h€tte helfen k€nnen. 
 Ich zuckte die Schultern und hoffte, da€ ich alles richtig gemacht hatte. 
 Der Mann hatte mir gestern nichts N€heres dazu gesagt oder sagen wollen. 
 Ich hatte ja extra noch gefragt. Aber die Karte wollte ich zur€ckgeben. 
  
 Meine Absicht an diesem Morgen war es, erst einmal €ber Missian nach 
 Kaltern zu fahren. Aber irgendwie klappte das nicht. Ich verpa€te die 
 Abfahrt und war so doch wieder auf den Weg Richtung Bozen. Ich hatte kein 
 Schild gesehen. €ber welche Br€cke h€tte ich denn jetzt fahren m€ssen? 
  
 Auf der Landkarte vom ADFC sah das oft so einfach aus. Es gab einfach eine 
 fette, rote Linie, die man h€tte fahren m€ssen. War man dann vor Ort (oder 
 sah sich eine Detailkarte an), so stellte man fest, da€ man ein Gewirr von 
 Stra€en vor sich hatte. Welche mu€te man jetzt denn nehmen? 
  
 Egal. Irgendwie fand man immer einen Weg. So radelte ich auf dem 
 asphaltierten und schnurgeraden Etschradweg am n€rdlichen Ufer entlang 
 flu€abw€rts Richtung Bozen. Das war sicher viel einfacher. Mir kamen 
 einzelne und Gruppen von Radfahrern entgegen - alles Rennr€der. 
  
 Kurz vor Bozen hellte sich allm€hlich der Himmel auf. Die Sonne drang 
 durch. Aber es war noch sehr tr€b. Mein Blick fiel auf den Ritten. Die 
 Sonne tauchte diesen in goldenes Licht. Ich blieb stehen und betrachtete 
 das Bild eine Zeitlang. Dort oben also hatten Vorfahren von mir mehrere 
 Generationen lang gelebt und unseren Familiennamen weitergegeben. Das 
 hatte ich bei meinem letzten Besuch 2017 noch nicht gewu€t. 
  
 Am Himmel sah ich zwei Hubschrauber herumfliegen. Auf der Etsch war ein 
 Schnellboot flu€aufw€rts unterwegs. Suchte man jemanden? War irgendetwas 
 passiert? 
  
 Die Etsch f€hrte mehr Wasser als sonst, hatte ich den Eindruck. Da ich 
 aber hier nicht zuhause war und den sonst €blichen Wasserstand nicht 
 kannte, konnte das t€uschen. Wie will man als Fremder sowas bewerten? 
  
 Dann kam die Br€cke €ber die Etsch. Weiter vorne sah ich auf einem Felsen 
 Schlo€ Sigmundskron €ber dem Tal thronen. Am 17. November 1957 fand auf 
 diesem Schlo€ eine Gro€kundgebung mit mehr als 35.000 S€dtirolern statt, 
 welche die Losl€sung von Trient forderten. Die Anlage beherbert heute 
 eines der vielen Museen des Extrembergsteigers Reinhold Messner. 
  
 Wie schon 2017 ging es wieder durch die beiden Tunnel den Berg hoch. Es 
 handelte sich um die ehemalige Bahnstrecke der €beretscher Bahn, welche 
 zur Radroute 7 Bozen-Kaltern umgebaut worden war. Gleich zu Anfang des 
 ersten Tunnels kam mir eine €ltere Frau zu Fu€ entgegen. 
  
 Am Wegrand hatte man auf ein altes, verblasstes Schild eine Schrift 
 hingespr€ht: Ibiois. 
  
 Schon komisch. Da ist man in einem fremden Land. Und kann das verstehen! 
 Deutsche Muttersprachler dagegen h€tten damit wohl ihre Probleme. 
 Vermutlich lag S€dtirol n€her an Bayern als an Deutschland. 
  
 Der Radweg oder die ehemalige Bahntrasse stieg hier leicht an, denn es 
 ging auf eine Ebene hinauf, welche sich €ber dem eigentlichen Etschtal 
 befand und von diesem durch einen H€henr€cken getrennt war. Diese Ebene 
 hie€ €beretsch und zog sich von Sankt Michael bis mindestens zum Kalterer 
 See, im weitesten Sinne vielleicht noch bis Kurtasch. Die genaue Z€hlweise 
 kannte ich nicht. 
  
 Nachdem ich den zweiten Tunnel durchquert hatte, schien die Sonne. 
  
 Bei Sankt Michael stie€ ich bald auf die Bozner Stra€e. Und war froh, als 
 ich diesen Ort wieder hinter mich gelassen hatte. Zwar fuhr man nur am 
 Rande des Ortes entlang. Aber einmal mu€te man als Radfahrer in einem 
 langen Tunnel das Zentrum von Sankt Michael unterqueren. Ich kam mir vor 
 wie in einer Gro€stadt. 
  
 Mein Vater hatte einmal gemeint, da€ seine Urgro€mutter von hier gewesen 
 w€re. Doch diese Spur hatte sich als falsche F€hrte erwiesen. Sie war in 
 der Vill bei Neumarkt aufgewachsen, weiter unten im Tal. 
  
 Gleich hinter Sankt Michael machte ich auf einer Bank die erste Rast des 
 Tages. Es war jetzt kurz nach acht Uhr. Ich schrieb eine Textnachricht und 
 gab durch, wo ich gerade war. 
  
 Die Strecke bis Kaltern war sehr angenehm zu fahren. Man fuhr 
 haupts€chlich durch Wald. Links vom Radweg fiel das Gel€nde steil ab. Mir 
 kamen viele Menschen entgegen, die meisten zu Fu€. Heute war Samstag. Da 
 hatten wohl viele frei. Und es roch auch sehr gut. Irgendetwas schien zu 
 bl€hen. 
  
 Es war warm. Man merkte den S€den. 
  
 Kurz vor Kaltern stand links vom Weg pl€tzlich eine alte Dampflok, 
 vermutlich von der ehemaligen €beretscher Bahn, mit Informationstafeln. 
  
 Als die ersten H€user von Kaltern kamen, kannte ich mich bald nicht mehr 
 aus, weshalb ich auf dem linken B€rgersteig, das Rad schiebend, wieder ein 
 St€ck zur€cklief. Bei meinem letzten Besuch war ich hier irgendwo zum 
 Kalterer See abgebogen, hatte ich im Kopf. Aber ich fand kein Schild und 
 konnte mich nicht mehr an die Stra€e erinnern. Ich folgte also weiter der 
 Hauptstra€e. Auf dieser kam ich bald an der Bahnhofstra€e vorbei, welche 
 rechts von mir lag. In der Bahnhofstra€e sah ich weiter vorne einen Despar 
 an der Stra€e liegen. Ich bog ab. 
  
 Weil ich nicht wu€te, was mich genau erwartete und morgen Sonntag war, 
 wollte ich noch etwas einkaufen. Die Sonnencreme war dann aber sehr teuer. 
 Und w€rde ich auf der restlichen Fahrt gar nicht mehr brauchen. 
  
 Am Eingang vom Despar stand die Sonne an. Dort war es sehr hei€. 
  
 Nach dem Einkauf setzte ich den Weg ins Zentrum von Kaltern fort. Am 
 Rathaus war ein kleiner Markt. Mir fiel die Flagge von Tirol ins Auge. Die 
 Flagge von Tirol wohlgemerkt. Nicht die Flagge von S€dtirol. Obwohl 
 S€dtirol politisch schon lange nicht mehr zu Tirol geh€rt. Aber 
 anscheinend durften die Einwohner das. 
  
  
 [continued in next message] 
  
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