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      ZZDE4410             de.rec.fahrrad             5072 messages      

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  Msg # 310 of 5072 on ZZDE4410, Saturday 8-15-25, 1:51  
  From: ALEXANDER AUSSERSTORFER  
  To: ALL  
  Subj: "Fahrbericht" (vom 13. Juni 2024): Der R  
 From: bavariasound@chiemgau-net.de 
  
 Der Ritt auf den Ritten 
 Donnerstag, der 13. Juni 2024 
  
 Nachts hatte es geregnet. Am Morgen war es stark bew€lkt und sehr k€hl. 
  
 An diesem Tag sollte es auf den Ritten gehen. Beim Ritten handelt es sich 
 um ein Mittelgebirge, welches ziemlich zentral in S€dtirol liegt und das 
 auf Grund seiner Lage auch gerne als "Sonnenplateau" bezeichnet wird. 
  
 Dazu fuhren wir mit dem Zug von Branzoll nach Bozen. Das Ticket kostete 
 sechs Euro. Es am Automaten zu l€sen, das war kein Problem. Aber mit dem 
 Entwerten kamen wir nicht klar. Wir stiegen dann einfach in den Zug. Auf 
 der Hinfahrt nach Bozen waren wir aber auch nicht kontrolliert worden. 
  
 Leider hatten wir noch immer keine G€stekarte bekommen. Denn sonst h€tten 
 wir umsonst mit dem Zug nach Bozen hineinfahren k€nnen. 
  
 Vom Bozner Hauptbahnhof liefen wir zu Fu€ zur Tal-Station der Rittner 
 Seilbahn. Diese lag nicht weit weg vom Bahnhof. 
  
 In der Seilbahnstation waren sehr viele Menschen. Die Hin- und R€ckfahrt 
 f€r zwei Personen kostete 20,00 Euro. Ich war skeptisch, ob der Preis 
 stimmte. Zuhause in Bayern waren Fahrten mit den Seilbahnen mindestens 
 doppelt so teuer. Mutter wunderte sich auch €ber den Preis. 
  
 Wir warteten nicht lange. Denn alle 4 Minuten ging eine Gondel ab. Unsere 
 Gondel war voll. In einer Ecke sa€ eine deutschsprachige Frau mit zwei 
 kleinen Kindern. Nach jedem Masten sackte die Gondel wieder ein St€ck ab 
 und schaukelte etwas. Ich bekam einen ganz flauen Magen. Die Fahrt von 
 Bozen nach Oberbozen dauerte laut Brosch€re etwa 12 Minuten. In dieser 
 Zeit stiegen wir um etwa 1.000 H€henmeter. Das Interessante dabei war, da€ 
 wir nach etwa zwei Kilometern diese H€he bereits fast erreicht hatten. 
 Danach ging es mit der Seilbahn weitere zwei Kilometer ziemlich gerade bis 
 zur Bergstation in Oberbozen hin€ber. Ein jedes Mal, wenn uns auf der 
 anderen Seite eine Gondel entgegenkam, wurden wir langsamer. 
  
 Mutter sa€ schweigend entgegen der Fahrrichtung auf einer Bank zwischen 
 den vielen anderen Fahrg€sten gedr€ngt. Ich stand. 
  
 In Oberbozen angekommen wunderte sich Mutter bald €ber die vielen 
 Fahrzeuge. Freilich h€tten wir auch mit dem Auto herauffahren k€nnen. Der 
 Ritten war ja gut erschlossen. Fr€her gab es im Eisacktal unten ungef€hr 
 zwischen Klausen und Bozen nur einen schmalen Pfad. Die Hauptroute f€hrte 
 damals umst€ndlich €ber den Ritten. 
  
 Auf dem Ritten war es also stets alles andere als am Ende der Welt. Mutter 
 verglich die Situation mit dem Hof ihres Gro€vaters auf dem N€rdersberg, 
 wo wir erst vorgestern gewesen sind. Der Hof ihres Opas lag am Ende der 
 Welt. Nicht aber jener der Familie Au€erstorfer. 
  
 Vor dem Ausgang der Seilbahnstation war eine kostenlose Toilette. Mutter 
 mu€te jedoch anstehen. 
  
 Auf dem Platz vor der Seilbahnstation wartete bereits ein €berbleibsel der 
 Rittner Bahn auf ihre Fahrg€ste. Diese Schmalspurbahn mit einer Spurweite 
 von 1 m fuhr urspr€nglich von Bozen herauf, verbindet heute aber nur noch 
 die Ortschaften von Maria Himmelfahrt €ber Oberbozen bis Klobenstein 
 miteinander. Weil das steile St€ck mit der Zahnradbahn zu teuer im 
 Unterhalt gewesen war, hatte man sie schon bald durch eine Seilbahn 
 ersetzt. 
  
 Obwohl es heute unten im Etschtal schon sehr k€hl gewesen war, sicherlich 
 keine +20 €C, war es auf dem Ritten nochmals deutlich k€hler. Ich 
 schl€pfte in meine Jacke, ehe wir uns zu Fu€ Richtung Wolfsgruben 
 aufmachten. 
  
 Dabei kamen wir an einem Andenkenladen vorbei. Auf einem St€nder vor dem 
 Gesch€ft sah ich blaue Bauernsch€rzen und h€tte eine auch gerne sofort 
 kaufen wollen. Doch Mutter meinte, das w€re dumm! Ich sollte sie doch 
 besser auf dem R€ckweg mitnehmen. Sonst m€€te ich sie die ganze Strecke 
 tragen. 
  
 Auf dem Weg nach Wolfsgruben lichtete sich allm€hlich der Nebel. Durch den 
 Schleier konnte ich jetzt in der Ferne den Schlern, das Wahrzeichen 
 S€dtirols, erkennen. Seine Oberseite war wei€. In der Nacht mu€te wohl 
 Schnee gefallen sein. 
  
 Dann kam die Sonne heraus. Ich zog die Jacke wieder aus. 
  
 In Wolfsgruben angekommen fragten wir eine nette junge Frau mit braunem 
 Haar, welche einen Kinderwagen mit drei R€dern vor sich herschob, nach dem 
 Wolfsgrubner See. Da wir noch zum Trotnerhof wollten, warteten wir ein 
 bi€chen, bis sie au€er Sichtweite war, bevor wir die Stra€e €berquerten. 
 Denn ich hatte ein Schild gesehen, und wir wollten die gute Frau nicht 
 verwirren, warum wir jetzt pl€tzlich €ber die Stra€e und in eine ganz 
 andere Richtung liefen. 
  
 Der Trotnerhof geh€rte laut meinen Nachforschungen bis etwa 1860 der 
 Familie Au€erstorfer. Allerdings hatte meine Linie ihn schon mehr als 100 
 Jahre zuvor verlassen gehabt. 
  
 Weiter als bis 1725 zu Johann Au€erstorfer und Anna Untersulzer konnte ich 
 unsere Linie bisher nicht zur€ckverfolgen. Aber es gibt Hinweise darauf, 
 da€ der Familienname Au€erstorfer zwischen 1400 und 1600 in Oberrasen beim 
 Storferhof im Antholzer Tal, einem Seitental des Pustertales, entstanden 
 war. Zumindest ist es die €lteste Quelle unseres Familiennamens, den ich 
 bisher finden konnte. Wie die Au€erstorfers auf den Ritten gekommen sein 
 sollen, liegt bisher im Dunkeln der Zeit. 
  
 Der Trotnerhof war sicherlich neu gebaut und modernisiert worden. Von ihm 
 aus hatte man einen guten Blick auf den Schlern. Da ein Schild vor einem 
 Hund warnte, wollte Mutter nicht weiter mitgehen. 
  
 Vor dem Hof traf ich einige Leute. Aber diese waren nur G€ste aus 
 Deutschland. Der Hof geh€rt heute einer Familie Fink. Die G€ste fuhren 
 dann mit einem Auto mit Berliner Kennzeichen weg. 
  
 Danach besuchten wir den Plattner Hof, welcher heute ein Bienenmuseum 
 enth€lt. Dieser war f€r mich deshalb so interessant, weil es sich um den 
 €ltesten, noch in seinen Urspr€ngen erhaltenen Bauernhof auf dem Ritten 
 handelt. Er stammte aus dem 16. Jahrhundert. Dieser Hof konnte mir eine 
 Vorstellung davon geben, wie es vor Hunderten von Jahren ebenfalls auf dem 
 Trotnerhof ausgesehen haben k€nnte und wie die Menschen damals hier gelebt 
 haben. 
  
 F€r die Besichtung des Hofes zahlte ich acht Euro Eintritt. Mutter wollte 
 nicht mitgehen. Sie kaufte daf€r gleich drei Gl€ser Honig. 
  
 Nun wollte uns Besuchern ein Imker aber noch einen Vortrag €ber Bienen 
 halten. Dies h€tte nicht allzulange dauern sollen, nahm dann aber doch 
 eine gute Stunde in Anspruch. Bis genug Besucher gekommen warne, durfte 
 ich einen Fragebogen ausf€llen. Dazu h€tte ich aber besser vorher noch den 
 interaktiven Bienenlehrpfad vor dem Plattner Hof gemacht. Denn darauf 
 bezog sich der Fragebogen. 
  
 Es entwickelte sich ein regelrechtes Frage-und-Antwort-Spiel zwischen dem 
 Imker und den Besuchern. Ihm schien es Spa€ zu machen. Auch f€r mich war 
 es nicht ganz uninteressant. Zum einen, weil ich noch einiges aus meiner 
 Lehrzeit als B€cker wu€te. Zum anderen, weil mein Gro€vater, der Vater 
  
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