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      ZZDE4410             de.rec.fahrrad             5072 messages      

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  Msg # 288 of 5072 on ZZDE4410, Saturday 8-15-25, 1:51  
  From: WOLFGANG STROBL  
  To: ALL  
  Subj: Re: Radfahren ist gesund! (2/2)  
 [continued from previous message] 
  
 ignoriert (und demontiert) gleichzeitig eisern den Bereich, aus dem ein 
 Zuwachs kommen k€€nnte, n€€mlich aus der Perspektive, das Fahrrad auch 
 jenseits der Distanzen als Verkehrsmittel nutzen zu k€€nnen, die jeder 
 halbwegs gesunde, aber unge€€bte Erwachsene mit lediglich moderater 
 Anstrengung m€€helos und schnell bew€€ltigt. Dass so etwas Motivation und 
 Durchhalteverm€€gen braucht, wei€€ jeder, der nach einem Unfall schon mal 
 trainieren musste. 
  
 Die Einteilung einerseits in die Sportler, die Leistungssport als 
 Gelderwerb oder als Selbstzweck betreiben und alle anderen, die mit 
 Training, Muskelaufbau, Cardiofitness usw. so €€berhaupt nichts zu tun 
 haben (wollen), greift zu kurz und ist letzten Endes absurd. 
  
 Ein besserer Weg, der aber selten bis gar nicht beschritten oder auch 
 nur vorgeschlagen und untersucht wird, best€€nde darin, die M€€glichkeiten 
 zu betrachten, die sich dort ergeben, wo eine 1/2-Prozent-Minderheit 
 pauschal als "sportlich" abgetan wird.  Denn genau dort liegt ein 
 Potential brach, wenn es systematisch heruntergespielt und die 
 entsprechende Zielgruppe nicht bedient wird, sondern behindert wird und 
 ihrer M€€glichkeiten durch Ma€€nahmen beraubt, die bei der vorgeschobenen 
 Zielgruppe auch keine nennenswerten Erfolge hatten. 
  
 > 
 >"Mental health" Effekte eines aktiven Lebensstils sind nicht unbedingt 
 >so a priori vermutbar; da finde ich das Ergebnis "Radfahren stabilisiert 
 >die psychische Gesundheit, zu Fu€€ gehen nicht so" schon sehr interessant. 
  
 Interessant ja, wenn man etwas, das gerade mal dazu reicht, eine 
 Hypothese zu formulieren, dazu nutzen w€€rde, einen Mechanismus zu 
 konstatieren und _dann_ zu pr€€fen, ob sich der mit statistischem Mitteln 
 belegen l€€sst.  Ich bef€€rchte, dass man dies nicht tun wird, weil es 
 aussichtslos ist und weil niemand daf€€r Geld ausgeben wird. Davon 
 abgesehen, man hat keinen kausalen Zusammenhang "Radfahren stabilisiert 
 die psychische Gesundheit" gefunden, sondern eine negative Korellation 
 zwischen Radfahren und dem Verschreiben von Schlafmitteln und 
 Medikamenten gegen Angstzust€€nde und Depressionen. 
  
 Jedoch fallen mir eine ganze Reihe von Gr€€nden und Merkmalen ein, auf 
 die sich in solchen Studien kaum kontrollieren l€€sst, warum Personen, 
 die Angstzust€€nde, Depressionen und Schlafst€€rungen in einem Umfang 
 haben, der verschreibungspflichtige Medikation rechtfertigt,  aus einem 
 dieser Gr€€nde nicht radfahren.  Radfahren macht fraglos fit, auf eine 
 einfach nachpr€€fbare Weise, f€€r welche die Sportmedizin Tonnen an 
 Belegen herbeigeschafft hat, und nicht nur statistische. Aber das 
 dauert. Die Annahme, dass derartige Behandlungen keine Auswirkung auf 
 diesen Prozess haben w€€re zumindest zu pr€€fen, bevor man Behauptungen 
 €€ber die Richtung dieser Kausalit€€t aufstellt. 
  
  
 >  > Kurzum, mich w€€rde mehr eine Quantifizierung interessieren, wie viel 
 >> intensive Aktivit€€t beim Pendeln konkret bringt, also entweder 
 >> €€berdurchschnittlich weit (Ausdauer) oder €€berdurchschnittlich 
 >> schnell (Kraft) oder besser noch beides kombiniert, gegen€€ber 
 >> "gerade so viel mehr, dass es f€€r ein signifikantes Ergebnis 
 >> reicht". Worauf nach meinem Eindruck leider der Fokus der meisten 
 >> dieser Studien liegt. 
  
 >Diese Studie, die den gesundheitlichen Effekt moderater Bewegung auf die 
 >Gesamtbev€€lkerung misst, misst gezielt nicht das sportliche Ende der 
 >0,5% (was auf den Gesundheitszustand der Gesamtbev€€lkerung einen 
 >vernachl€€ssigbaren Einfluss hat) sondern den Breiteneffekt. 
  
  
 Ich bezweifle, dass hier ein relevanter Breiteneffekt und nicht nur eine 
 eher triviale Korrelation sngesichts zuf€€llige statistischer 
 Schwankungen gemessen wird. 
  
 Wer in einer Grundgesamtheit, deren Abgleiten in Bewegungsarmut 
 umf€€nglich belegt ist, moderat*) Fahrrad f€€hrt,  ist vmtl. etwas fitter 
 als diejenigen, die es nicht tun.  Ob eine zuf€€llig etwas bessere 
 Fitness (incl. damit korrelierender Merkmale) der Grund zum Radfahren 
 ist oder umgekehrt das moderate Radfahren diese Fitness verursacht hat, 
 ergibt sich daraus nicht. 
  
 Dass intensives Radfahren jenseits von lediglich "moderat" fit macht und 
 fit h€€lt, ist vergleichsweise einfach nachweisbar: man trainiere aus 
 einer repr€€sentativen Stichprobe ausgew€€hlte Menschen gen€€gend lange und 
 gen€€gend intensiv, um nicht nur signifikante, sondern auch deutliche 
 Unterschiede messen zu k€€nnen, mache die Stichprobe gro€€ genug, um durch 
 paarweise Ausschl€€sse Fehler durch Abbr€€che usw. korrigieren zu k€€nnen 
 und man hat Daten bzgl. Ursache und zu erwartenden Wirkung, die 
 einigerma€€en belastbar sind. 
  
 So hat man lediglich etwas herausgefunden, das mehr oder weniger 
 offensichtlich ist: wer in unseren Breiten nicht fit genug zum Radfahren 
 ist, der f€€ngt damit gar nicht es an oder l€€€€t es bald wieder bleiben. 
  
  
  
 TL;DR  Eine Alternative dazu, die n€€chsten 20 Jahre damit zu 
 verschwenden, aus 1-10 Prozent Radverkehrsanteil 3-9 Prozent 
 Pedelecverkehr zu machen, w€€re aus meiner Sicht der Ansatz durch 
 €€ffentlichkeitsarbeit (d.h. Motivation), durch verkehrsrechtliche 
 €€nderungen (sprich: Aufhebung von Streckenverboten u.a. durch die 
 Radwegebenutzungspflicht) und durch verkehrstechnische Verbesserungen 
 z€€giges Radfahren auf Fahrbahnen zu erleichtern (etwa g€€nstigere 
 Aufteilung von Fahrbahnen, Sanierung von rechten Fahrstreifen). All dies 
 mit dem generellen Ziel, sowohl den Kurzstreckensch€€nwetterfahrern als 
 auch bewu€€t ausgeklammerten und vernachl€€ssigten 0,5 Prozent eine 
 Perspektive zu bieten, die in einem gewissen Umfang schon weiter, 
 schneller und unter schwierigeren Umst€€nden das Fahrrad als 
 Verkehrsmittel nutzen, und/oder als Fitnessger€€t. Von dem Irrtum, dass 
 dies ein Entweder/Oder sei, sollten wir uns endlich verabschieden. 
  
  
  
  
 *) Moderate aerobic exercise includes activities such as brisk walking, 
 biking, swimming or mowing the lawn. 
  
  
 -- 
 Wir danken f€€r die Beachtung aller Sicherheitsbestimmungen 
  
 --- SoupGate-Win32 v1.05 
  * Origin: you cannot sedate... all the things you hate (1:229/2) 

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