
| Msg # 107 of 5072 on ZZDE4410, Saturday 8-15-25, 1:42 |
| From: ALEXANDER AUSSERSTORFER |
| To: ALL |
| Subj: Fahrbericht (vom 07. Juni 2024): Der Gei |
[continued from previous message] Oder spielte mir mein Unterbewu€tsein einen Streich? Seit damals hatte ich jedoch €berhaupt kein Radfahrerp€rchen mehr angetroffen. Da€ zwei M€dchen oder junge Frauen gemeinsam tagelang auf Rennr€dern unterwegs waren, das kam wohl nicht allzu h€ufig vor. Dort, wo die Etsch an die n€rdliche Seite des Etschtales stie€ und rechts vom Weg die Prader Fischteiche lage, machte der Radweg pl€tzlich einen rechten Knick, verlie€ den Flu€, f€hrte um die Fischteiche herum und kurz sp€ter auf einer schnurgeraden Stra€e auf die andere Seite des Etschtals zur Ortschaft Prad am Stilfser Joch hin€ber. Dabei durchquerte ich das Biotop Prader Sand, wo ich zwei gef€hrte Gruppen mit vielen Kindern sowie zwei F€rstern, eine Frau und einen Mann, in Uniform sah. Kurz sp€ter befanden sich jedoch rechts vom Weg schon die ersten Geb€ude von Prad. Nachdem ich den kleinen Ort durchquert hatte, gelangte ich auf ruhigen Nebenstra€en und inmitten von Apfelplantagen ganz allm€hlich wieder zur Etsch zur€ck. Gegen zehn Uhr erreichte ich die Ortschaft Laas. Hinter Laas verengte sich das Etschtal. Nun ging es auf dem Radweg inmitten k€hler Bergw€lder bis nach G€flan rasant abw€rts. Die Etsch wurde auf diesem Streckenabschnitt zu einem rei€enden Flu€. Immer wieder mu€te ich in das braune Wasser hinuntersehen. Vermutlich f€hrte die Etsch auf Grund des vielen Regens der vergangenen Tag mehr Wasser als sonst. Ich befand mich nun direkt am Rande des Nationalparks Stilfser Joch. Als ich wieder einmal ein entsprechendes Schild sah, zwang ich mich dazu, weiterzufahren und nicht schon wieder stehenzubleiben. Ich konnte nicht st€ndig stehenbleiben. Gestern hatte ich bereits zu viel Zeit verloren und war nicht so weit gekommen wie geplant. Schlie€lich war ich verabredet! Bis nach G€flan waren es von Laas aus etwa 5 km, wobei ich 150 H€henmeter sank. In G€flan mu€te ich pl€tzlich €ber eine Br€cke fahren und gleich danach wieder rechts in den Angerwiesenweg einbiegen. Zwischen dem Ufer der Etsch und dem Angerwiesenweg lag zur rechten ein rot gepflasterter Platz. Damit hatte ich leider ein wichtiges Schild im R€cken und damit nicht gesehen. Etwas sp€ter sah ich inmitten von Apfelplantagen ein anderes, kleines Schild. Hier ging es nach Schlanders. Ich €berlegte nicht lange, sondern bog ab und fuhr auf Schlanders zu. Nach einem Kreisverkehr ging es auf einer ruhigen Einbahnstra€e in das Dorf. Ich kam auch am Fremdenverkehrsamt vorbei, welches links auf der anderen Seite von der Stra€e lag. Doch dieses hatte leider geschlossen. Ich folgte der Kapuzinerstra€e, stie€ auf die Hauptstra€e und folgte dieser am Rathaus und an der gro€en Kirche von Schlanders vorbei. Die Stra€e stieg an dieser Stelle steil an. Dort in der gro€en Kirche d€rfte mein Urgro€vater Ludwig J€ger getauft worden sein. Als ich weiter oben am Berg auf einen zweiten Kreisverkehr stie€, drehte ich um. Ich hatte den Kern von Schlanders wohl bereits durchquert gehabt - allzu gro€ war es nicht. €ber die Marconistra€e gelangte ich zum gro€en Steiner Parkplatz, wo sich auch ein kleiner Park mit Sitzgelegenheiten befand. Dort nahm ich das Gep€ck ab und brachte die hydraulische Felgenbremse (Magura) am Hinterrad in Ordnung. Von Zeit zu Zeit rutschten die Bremsen nach oben und streiften so am Reifen. Was f€r ein Pfusch! Das einzig gute an der hydraulischen Felgenbremse war, da€ kein Seilzug mehr rei€en konnte. Das war logisch - denn es gab ja keinen mehr! Daf€r konnte man die Hydraulik unterwegs kaum richten, weil man daf€r allerlei Zeug brauchte. Inzwischen gibt es aber leider kaum noch Fahrr€der mit ganz normalen Bremsen zu kaufen. Auf dem Weg zur€ck zur Pfarrkirche kam ich in der Gerichtsstra€e auch an einem MPreis vorbei. Vor dem Laden standen bereits einige Fahrr€der. Dort kaufte ich noch geschwind einige Sachen ein - darunter einige S€dtiroler €pfel. Bei der Sparkasse unterhalb der Kirche gegen€ber dem Rathaus machte ich dann Mittag. Dort befand sich ein kleiner Platz mit Sitzgelegenheiten. Das waren zwei langgezogene, niedrige Betonmauern mit einem k€nstlichen Wasserlauf in der Mitte. Es war inzwischen sehr hei€ geworden. Aber wenigstens befand sich beim Rathaus auf der anderen Seite der Stra€e einer der wenigen €ffentlichen Abfalleimer, von denen S€dtirol anscheinend viel zu wenige hat. Zumindest hatte ich bisher kaum welche gesichtet. Oberhalb von Schlanders sah ich die n€rdlichen Bergh€nge mit der Sankt-€gidius-Kirche und anderen Geb€uden. Gegen halb zw€lf verlie€ ich das Dorf wieder. Dabei mu€te ich kurz der Staatstra€e folgen, welche die Ortschaft umging. Da man von dort einen guten Ausblick auf die s€dlichen Bergh€nge des Etschtals hatte, hielt ich an und machte einige Aufnahmen. Irgendwo dort dr€ben mu€te sich der N€rdersberg befinden. Da oben war mein Urgro€vater Ludwig J€ger 1912 geboren und aufgewachsen. Als er 14 Jahre alt war, hatte er sein Zuhause verlassen m€ssen. F€r immer. Er war zu einem Bauern nach Gf€ll bei Unken gekommen, wo er meine Urgro€mutter kennengelernt hatte. Es war ein dunkles Kapitel in der Geschichte Tirols. Fr€her waren viele Kinder in die Ferne weggegeben oder sogar als Arbeitskr€fte verkauft worden, weil sie die Eltern auf den Bergbauernh€fen mit ihren kargen B€den und daher geringen Ertr€gen nicht einmal dauerhaft ern€hren konnten. Die Kinder haben ihre Eltern und Familien zum Teil nie wieder gesehen. Elmar Bereuter hat mit seinem Roman "Die Schwabenkinder - Die Geschichte des Kaspanaze" das Thema literarisch angeschnitten und verarbeitet. Der Roman wurde auch verfilmt. Obwohl meine Urgro€eltern ein Kind gemacht hatten, hatte mein Urgro€vater vom N€rdersberg die Urgro€mutter nie geheiratet. Denn das wollten ihre Eltern nicht. Meine Oma wuchs deshalb bei einem Ziehvater auf. Fr€her stand ich immer in dem Glauben, Kinder d€rfte man erst nach der Heirat und der Gr€ndung eines Hausstands haben. Zumindest h€rte ich das immer in dieser Art von der Kirche. Aber bei uns in der Familie war es meist so, da€ die Frau schwanger geworden war. In den besten F€llen wurde noch schnell geheiratet. In anderen F€llen erst viel sp€ter. Und in manchen F€llen gar nie; ja, die leiblichen Eltern lebten nicht einmal zusammen. Wie das bei den Eltern meiner Oma der Fall gewesen war. Aber selbst, wenn geheiratet wurde, hie€ das noch lange nicht, da€ man zusammenblieb. Ja, €berhaupt zusammenbleiben konnte. Dabei sollte man Kinder doch erst haben, wenn man sie auch ern€hren konnte, ja, €berhaupt erst, wenn die vielen Voraussetzungen daf€r gegeben waren. Wie konnte man soviele Kinder haben, wenn man sie dann gar nicht ern€hren konnte! Es war an meinem 25. Geburtstag, als sich mir in Qu€bec eine Frau schenkte. Doch was war es wert? Sie war ihrer eigenen Aussage nach verheiratet. Ich hatte keine feste Arbeit. Und wir kannten uns erst seit anderthalb Monaten, also noch nicht einmal ein halbes Jahr. Damit also eigentlich gar nicht. Da geht sowas halt nicht. Ich war in einem fremden Land und mu€te mich auf jemanden verlassen k€nnen. Sp€ter wurde ich von ihrem Mann gefragt, ob ich verheiratet war. Ja, gerade das ja nicht. Verstand einer diese Menschen! Politik mu€ von unten kommen. Aber wenn man sieht, wie viele Menschen sich nicht vern€nftig verhalten oder handeln, merkt man schnell, in welch einem Dilemma sich die Politik befindet. Dieses Dilemma wird sich auch nie ganz l€sen lassen. [continued in next message] --- SoupGate-Win32 v1.05 * Origin: you cannot sedate... all the things you hate (1:229/2) |
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