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      ZZDE4410             de.rec.fahrrad             5098 messages      

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  Msg # 105 of 5098 on ZZDE4410, Saturday 8-15-25, 1:42  
  From: ALEXANDER AUSSERSTORFER  
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  Subj: Fahrbericht (vom 07. Juni 2024): Der Gei  
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 W€hrend ich die Aufnahmen machte, kam mir eine junge blonde Frau entgegen. 
 Sie trug einen kurzen, wei€en Rock, ein wei€es, bauchfreies Oberteil und 
 eine Sonnenbrille. Die langen Haare hatte sie ganz oben auf dem Kopf mit 
 einem Band zusammengefa€t. Von dort oben fielen ihr die Haare €ber den 
 Kopf bis auf die Schultern herab. 
  
 Sollte ich sie jetzt f€r h€bsch halten oder nicht? 
  
 Die Auffahrt zum N€rdersberg vermutete ich bei einer Kirche, welche ich in 
 der Ferne sah. Ich hatte wohl den Weg gekreuzt, wu€te aber noch nicht, wo. 
 Dabei h€tte ich es schon wissen k€nnen. Nur hatte ich leider das Schild 
 nicht gesehen. 
  
 Als ich die Aufnahmen gemacht hatte, packte ich die Kamera ein und fuhr 
 weiter abw€rts. Ich tauchte wieder in die Apfelplantagen hinein, welche 
 sich hier auf dem Schwemmkegel Richtung Schlanders hochzogen. 
  
 Kurz sp€ter €rgerte ich mich. Am Etschradweg stand auf einmal ein 
 Verkaufsstand, wo man auch €pfel mitnehmen konnte. Und ich hatte gerade 
 erst welche oben im Laden in Schlanders gekauft. Na servus. 
  
 Laut einer Tafel am Wegesrand wurden in S€dtirol jedes Jahr auf 18.000 
 Hektar Fl€che insgesamt genau 5 Milliarden €pfel (5.000.000.000) angebaut. 
 Denn genau diese Zahl stand auf dem Schild drauf. Mit neun Nullen. Wie man 
 das so genau hinbekommt und €berhaupt gez€hlt hat, entzieht sich meiner 
 Erkenntnis. 
  
 Nun darf man sich unter einer solchen Apfelplantage aber keine 
 ausgewachsenen B€ume vorstellen. Die B€ume stehen in langen Reihen, etwa 
 alle 1 Meter ein Baum, so da€ man mit einem kleinen Fahrzeug bequem 
 hindurchfahren und Pflanzenschutzmittel verspritzen kann. Das Gift bleibt 
 nat€rlich nicht in den Apfelplantagen, sondern verteilt sich im ganzen Tal. 
  
 Die B€ume werden kaum h€her als 3 Meter und weisen nur kurze €ste auf. 
 Vermutlich werden sie st€ndig beschnitten und l€€t man sie nicht zu alt 
 werden. An den kurzen €sten h€ngen die vielen, meist gro€en und roten 
 €pfel. Gest€tzt werden die B€ume, welche eher B€schen €hneln statt einem 
 richtigen Baum, von mit Draht verbundenen Stangen. Die Apfelplantagen 
 waren oft noch mit einem Netz abgedeckt. Manchmal hatte sich hier und da 
 ein Vogel unter das Netz verirrt. 
  
 Das waren verk€mmerte B€ume; eine einzige Industrie. Mit Streuobstwiesen 
 oder Natur hatte das freilich nichts mehr zu tun. 
  
 Es hei€t immer, da€ man Obstb€ume beschneiden mu€. Doch das stimmt nicht. 
 Mit dem Beschneiden zwingt man den Baum nur dazu, m€glichst _gro€e_ 
 Fr€chte wachsen zu lassen. Damit man nicht zuviel Arbeit damit hat. Der 
 Baum dagegen will m€glichst _viele_ Fr€chte haben. Schlie€lich geht es ihm 
 um die Fortpflanzung, nicht um das Futter f€r uns. 
  
 Die besten €pfel in meinem Leben hatte ich in Baden-W€rtemberg gefunden. 
 Ich war damals, im Oktober 2021, mit dem Fahrrad zu Verwanden ins Saarland 
 unterwegs gewesen. Am Wegesrand standen verwilderte Apfelb€ume, von denen 
 ich einige gepfl€ckt und als Proviant f€r unterwegs eingesteckt hatte. 
  
 Die €pfel waren nicht sehr gro€, schmeckten aber vorz€glich! Viel besser 
 als jene gro€en, welche man €blicherweise kaufen kann. 
  
 Diese Apfelplantagen zogen sich jetzt kilometerweit im Tal links und 
 rechts der Etsch dahin. Der Radweg Richtung Meran war hier sehr flach, 
 f€hrte kaum noch merkbar abw€rts und oft kilometerweit schnurgeradeaus. So 
 kam man recht schnell voran. Ich war heute bereits auf einer H€he von etwa 
 1.500 m gewesen. Bei Bozen w€rden es keine 300 m €ber Normalnull mehr 
 sein. Manchmal wechselte man die Flu€seite, oft standen Sitzgelegenheiten 
 am Rande des Radweges. 
  
 F€r das Habsburger-Museum bei Latsch hatte ich leider keine Zeit. Wie 
 gerne h€tte ich es mir angesehen! 
  
 Hinter Latsch befand sich direkt neben dem Radweg ein Denkmal f€r die neun 
 verstorbenen Personen vom Zugungl€ck der Vinschgerbahn am 12. April 2010. 
 Es waren die Namen und das Alter der Verungl€ckten aufgef€hrt. Von Kindern 
 bis Rentnern war jede Altersgruppe darunter. Damals ging zwischen Latsch 
 und Kastellbell von Latschander eine Mure ab und begrub den Zug unter sich. 
  
 Das Leben sollte uns keine Selbstverst€ndlichkeit sein. 
  
 Bei Staben durfte ich wieder die Flu€seite wechseln. Mein Blick fiel zum 
 wohl letzten Mal auf die schneebedeckten Gipfel der Schweiz. Allm€hlich 
 galt es, Abschied zu nehmen. Denn vor Naturns verengte sich das Etschtal 
 und machte eine leichte Biegung, so da€ etwas sp€ter der Blick nach Westen 
 von einem Schwemmkegel versperrt wurden. 
  
 Hinter Naturns hatte man einen Weiher zusch€tten m€ssen. Jemand hatte dort 
 die Schmalbl€ttrige Wasserpest (Elodea nuttallii), eine invasive 
 Wasserpflanze, ausgewildert. Diese Wasserpflanze ist eine in Nordamerika 
 beheimatete Wasserpflanze, die auf dem Grund von ruhenden oder langsam 
 flie€enden Gew€ssern wurzelt. Da diese hier in S€dtirol keine nat€rlichen 
 Feinde hat, hatte sie sich ausgebreitet und alles andere verdr€ngt. Durch 
 das Zusch€tten versuchte man sie zu ersticken und somit wieder Herr der 
 Lage zu werden. Das Auswildern von gebietsfremden Pflanzen oder Tieren in 
 der freien Natur ist €brigens verboten. 
  
 Am Ende eines Waldstreifens, kurz bevor die Apfelplantagen wieder bis zum 
 Etschradweg stie€en, hatte man neben dem Radweg alte rostige Ackerger€te 
 wie einen Pflug an Seilen und frei stehenden Pfeilern einige Meter €ber 
 dem Erdboden in die Luft geh€ngt. Wozu? Hatte man Angst, da€ sie geklaut 
 werden? Das sah komisch aus. 
  
 Ein gutes St€ck sp€ter mu€te man an einer Ampel pl€tzlich die Staatsstra€e 
 38 queren. Es waren schon einige Radfahrer und Fu€g€nger da. Die Ampel 
 sprang gerade auf gr€n, so da€ ich einfach weiterfahren konnte. 
  
 Auf der anderen Seite folgte man der alten Landstra€e. Hier gab es einen 
 eigenen Radweg. Als eine erste Rechtskurve kam, ging es allm€hlich abw€rts 
 und man sah bald in ein Tal hinein. Ich glaubte, auf einem Sattel das Dorf 
 Tirol zu erkennen, wo die Grafen von Tirol ihren Hauptsitz hatten. Der 
 Name hatte sich sp€ter auf das ganze Land €bertragen. Hier war das 
 Zentrum. Das letzte Mal war ich hinter diesem Sattel vom Timmelsjoch 
 herabgekommen. 
  
 Unterhalb von Tirol lag die Kurstadt Meran. Ich erkannte es an dem 78 m 
 hohen Kirchturm der Pfarrkirche Sankt Nikolaus, dem vielleicht h€chsten 
 Geb€ude und das Wahrzeichen der Stadt, welcher von der Sonne beschienen 
 wurde. 
  
 Dort unten war mein Urgro€vater Engelbert Joseph Au€erstorfer 1877 geboren 
 worden. 
  
 Die Stadt lag so, da€ dort die Sonne anstand. Und es gab dort die ersten 
 Palmen. Ich hatte das bereits selbst gesehen. Dazu mu€te man gar nicht bis 
 Marseille radeln. 
  
 Leider befanden sich an dieser Stelle einige Stromleitungen, weshalb sie 
 ungeeignet f€r eine Aufnahme war. 
  
 Kurz bevor sich der Radweg von der Hauptstra€e entfernte und in engen 
 Serpentinen dem Talgrund n€herte, befand sich rechts von ihm auf einem 
 Sattel ein Aussichtspunkt. Ein gekiester Weg f€hrte zu ihm. Man hatte 
 beidseits des Weges Pflanzen angebracht, welche in einem Bogen €ber ihn 
 hinweggewachsen waren und so Schatten spendeten. 
  
 Trotz der zwei oder drei Fahrradst€nder schob ich mein Fahrrad 
 bequemerweise einfach auf dem Laubengang bis zur Aussichtsplattform, wo 
 sich leider viele Menschen befanden. Sonst h€tte ich das Rad ja absperren 
 m€ssen. Direkt unterhalb der Aussichtsplattform konnte man den Radweg 
 sehen. 
  
 Weiter unten war der Radweg auf Grund einer Baustelle gesperrt. Ein 
 kleiner Bagger schaufelte dort lustig herum. Rechts neben ihm zwar noch 
 etwas Platz. Aber bei der Abfahrt bemerkte ich dann einen Pfad, der sich 
  
 [continued in next message] 
  
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