
| Msg # 101 of 5072 on ZZDE4410, Saturday 8-15-25, 1:42 |
| From: ALEXANDER AUSSERSTORFER |
| To: ALL |
| Subj: Fahrbericht (vom 07. Juni 2024): Der Gei |
[continued from previous message] S€dtirol geh€rt gar niemanden. Es mutet sich schon seltsam an, wenn Regierungen €ber ein Land entscheiden, ohne die Einheimischen miteinzubeziehen, ja €berhaupt nur gefragt zu haben. Und mit Einheimischen ist ausdr€cklich jeder gemeint, der in diesem Gebiet lebt, unabh€ngig von Sprache, Geschlecht, Religion oder sonst etwas. Mals lag an einem S€dhang und schien sich einen Berg hinaufzuziehen. Zumindest fand ich kaum eine ebene Fl€che oder Stra€e. Im Dorf ging es weiterhin bergab. Der H€henunterschied im Dorf lag bei mindestens 150 Metern. Ich kam also sp€ter 150 H€henmeter weiter unten raus, als ich oben reingefahren war. Der H€henunterschied auf dem gleichnamigen Gemeindegebiet Mals liegt laut Wikipedia €brigens bei 2.817 m. Wobei sich der tiefste Punkt noch immer auf 921 m befand. Kurz nach dem Dorfschild fiel mir die Fr€hlichsburg auf. Auf dem hohen Turm wehte die Flagge von S€dtirol. Ich rollte erst einmal dort hinunter, um es mir n€her anzusehen. Auf dem Turm konnte man leider nicht raufgehen. Der Eingang war verschlossen. Etwas unterhalb der Fr€hlichsburg, an der Kreuzung von Spitalstra€e und Fr€hlichgasse blieb ich stehen. Links neben der Stra€e befand sich ein Schild an der Hausmauer. Es handelte sich um das Geburtshaus des Generals der Infanterie (Fu€soldaten) Ignaz Freiherr von Verdro€, dem Vater der Kaiserj€ger, wo auch mein Urgro€vater Engelbert Joseph Au€erstorfer einmal gedient hatte. Vermutlich schlug es ihn €berhaupt erst auf Grund seiner Milit€rzeit in die N€he von Berchtesgaden. An dieser Stelle bog ich nach links ab und suchte mir auf der dunkelrot gepflasterten Spitalstra€e den Weg zur Bahnhofsstra€e. Auf dieser kurzen Querstra€e, welche eher einer Gasse €hnelte und an den beiden Kirchen Maria Himmelfahrt und Sankt Michael vorbeif€hrte, war es ein kurzes St€ck halbwegs eben. Dort tauchte vor mir ein gut beleibtes M€dchen in schwarzer Strumpfhose auf. Die schwarzen Haare hatte sie hinten zu einem Strang zusammengefa€t. Vermutlich war sie auf den Weg in die Schule. Sie drehte sich zweimal nach mir um, bevor ich sie mit dem schwer beladenen Fahrrad €berholte. Das M€dchen schien Angst zu haben und erwiderte meinen Gru€ nicht. Bald hatte ich das Ende von Mals erreicht. Im Nachhinein war ich froh, dort nicht €bernachtet zu haben. Hinter Mals bewegte ich mich zur€ck auf die andere Seite des Etschtals, wo die Hauptroute der Radwege gelegen haben d€rfte. Vor mir sah ich in ein Seitental hinein. Aus diesem Tal kommt man, wenn man von Zernez in Graub€nden (in der Schweiz) €ber den Ofenpa€ f€hrt. In der n€chsten Ortschaft Laatsch waren wieder viele Kinder auf den Weg in die Grundschule. Ein M€dchen mit roten Haaren und zwei Z€pfen sah mich. Mit leuchtenden Augen sagte sie etwas in ihrer Mundart. Ich glaubte das Wort 'Zelt' zu verstehen. Kurz danach stie€ ich wieder auf die Etsch und bog links auf den Vinschgauer Radweg ein, der sich jetzt kilometerweit geradeaus erstreckte. Zur rechten erkannte ich kurz vor der mittelalterlichen Stadt Glurns einen Campingplatz. Ich blickte auf Mals zur€ck, welches sich - wie schon beschrieben - an einem Hang hinaufzog. Gleich unterhalb von Mals schienen die ersten Apfelplantagen zu beginnen. In Glurns, welches von einer hohen Stadtmauer umgeben war, suchte ich kurz die €ffentliche Toilette auf. Da sich diese auf der anderen Seite von Glurns bei einem Parkplatz n€rdlich vom Malser Tor befand, mu€te ich dazu durch die Stadt. Im Gegensatz zu Mals lag Glurns bereits in der Talebene. Hier war alles gerade. Aber wir befanden uns hier noch immer auf €ber 900 m H€he. Gegen€ber von den Toiletten, welche sich im Untergescho€ befanden, und €ber der Stra€e lag n€rdlich der Stadtmauer ein Fu€weg mit Sitzb€nken und einem Spielplatz. Eine dieser B€nke am Wegesrand nutzte ich nach dem Toilettengang, um eine Kleinigkeit zu essen und mich mit Sonnencreme einzusauen. Eine braunhaarige Einheimische im roten T-Shirt, welche vor€berging, gr€€te mich. Danach kehrte ich zum Radweg zur€ck, wobei ich nochmals die mitteralterlich angelegte Stadt mit ihren vielen Gassen durchqueren und bewundern durfte. Die n€chsten sechs Kilometer folgte der zweispurige und asphaltierte Vinschgau-Radweg der hier fast schnurgeraden Etsch. Links und rechts vom Weg lag viel Geb€sch, vielleicht auch Wald. Man fuhr h€ufig im Schatten; es war k€hl. Auf diesem St€ck kamen mir dann in Gruppen die ersten Radfahrer des Tages entgegen. Alle fuhren schmalspurige Rennr€der. Ich dachte an die beiden jungen Frauen zur€ck, welche mich gestern Mittag bei der Auffahrt zur Norbertsh€he auf halber H€he auf ihren Rennr€dern €berholt hatten. Genau wie damals, als sie mir gegen Ende September 2016 in Grassau vor die R€der gekommen waren, war die Dunkelhaarige vorausgefahren und ihr die Blonde treuherzig gefolgt. Genauso wie damals hatten sie wenig Gep€ck, die Dunkelhaarige zwei Taschen, die Blonde nur eine. Genauso wie damals war die Dunkelhaarige die Wortf€hrerin. Manche Dinge €ndern sich halt nie. Hier die Notizen von damals (Sonntag, dem 02. Oktober 2016): Im Ort waren bald zwei Radfahrerinnen vor mir. Auf Grund des Verkehrs €berholte ich sie lange Zeit nicht. Ich fuhr ihnen also hinterher. Betrachtete eine Zeit lang ihre beiden Fahrr€der. Und sch€mte mich bald meines eigenen Fahrrades wegen. Was f€r ein Luxus-Teil ich ihnen gegen€ber doch hatte! Au€erhalb des Dorfes, als wieder ein Radweg begann, blieben die beiden bald stehen. Sie hatten mich wohl bemerkt und wollten mich vorbeilassen. Ich aber blieb ebenfalls stehen. Und wunderte mich. Die beiden Radfahrerinnen waren zwei sehr junge M€dchen. Vermutlich nicht einmal vollj€hrig. Das hatte ich von hinten nicht erkannt. "Wo kemm's denn her? Wo foaht's hi'?", fragte ich sie. "Was?", fragten beide, und ich stellte fest, dass ich Deutsch mit ihnen reden musste. Sowas war mir auf meiner ganzen Tour nicht passiert. €berall hatten mich die Leute verstanden und ich die Leute verstanden - und jetzt das hier. Da wurde mir bewusst, dass ich ja wieder zur€ck in Deutschland war. Sie kamen aus dem Allg€u und wollten zum K€nigssee, erkl€rten sie. Allein. Und ich dachte mir, denen m€sste ich jetzt eine Lektion erteilen. Denn allein mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, sowas war doch gef€hrlich und durfte man ja wohl nicht tun! "Aha! Passt aber gut auf euch auf! Hier in der Gegend treibt sich so manches Gesindel herum", erkl€rte ich. "Da gibt es insbesondere einen Radfahrer, mit dem ihr euch auf nichts einlassen sollt. Der ist gef€hrlich. Besonders jungen M€dchen gegen€ber." "Wie sieht er denn aus?", fragte die Blonde von ihnen. "Er ist ungef€hr 1,8 m gro€. Hat dunkles, volles Haar und einen dichten Schnauzer." Die beiden M€dchen sahen mich an. "Meist hat er viel Gep€ck dabei, weil er kein Zuhause hat." Die beiden M€dchen starrten auf mein vollbeladenes Fahrrad. "Im €brigen schleicht er sich gerne von hinten mit seinem Fahrrad unbemerkt an die M€dchen heran." Die beiden M€dchen sahen sich erschrocken an. "Und au€erdem fehlt ihm an der linken Hand der kleine Finger." Die beiden M€dchen blickten mit €bergro€ gewordenen Augen auf meine linke Hand. Der kleine Finger war aber noch dran. Damals waren sie zum K€nigssee unterwegs gwesen. Wohin fuhren sie diesmal? Zum Gardersee? Damals hatte ich beide so auf 14 bis 15 Jahre gesch€tzt. Mutig waren sie! Jetzt k€nnten sie 23 bis 24 Jahre alt sein. Das k€me hin. [continued in next message] --- SoupGate-Win32 v1.05 * Origin: you cannot sedate... all the things you hate (1:229/2) |
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